C-MASKERADE

C-MASKERADE

APOKALYPSO – C-Maske Kerstin Junker 2020

Ausstellung in der Galerie Holger John

5. – 21.6.2020

Ohne Vernissage
Bühne – Öl auf Leinwand – Pierre Adam

Ausstellung „C-Maskerade“ in der Galerie Holger John im Dresdner Barockviertel, fotografiert am 10. Juni 2020.
Foto: André Wirsig

Masken ohne Ball

Foto: André Wirsig

Die „C-Maskerade“ in der Dresdner Galerie Holger John
ist die Ausstellung schlechthin zum pandemischen Zeitgeschehen.

Von Karin Weber

Den gemächlichen Lebensrhyth- mus im Barockviertel Dresdens hat Holger John mit seiner derzeitigen Ausstellung, mit der er ganz schnell aufs Zeitgeschehen reagiert hat, durchbrochen. Das Thema ist der verordnete Mund- und Nasen- schutz, der die Menschen im Stadt- bild äußerlich sehr verändert hat – die „Maskerade“. Den Anstoß gab Claudia „Wanda“ Reichardt, eine „alte positive Seilschaft“, wie Hol- ger John verschmitzt verkündete, mit der ihn einige fruchtbare Aus- stellungsprojekte seit der künstleri- schen Besetzung der Villa Marie, zu DDR-Zeiten, verbindet.

„Wanda“ entdeckte die kosten- günstige Pappvariante einer Weg- werf-Schutzmaske Ende April 2020, deren „exotische Form in ungefalte- tem Zustand“ sie sehr faszinierte. Sie bestellte mit Unterstützung des Kleinprojektefonds des Kulturam- tes der Landeshauptstadt Dresden einige hundert Stück, die künstle- risch gestaltet werden sollten. Der Vorstand des Künstlerbundes Dres- den lehnte leider die Verteilung der Masken an die Mitglieder ab, so

dass die Kunstaktion auf alle er- reichbare, kreativen Mitbürger der Stadt Dresden, die willens waren, der Phantasie freien Lauf zu lassen, ausgeweitet wurde.

500 Masken waren im Umlauf. Sie konnten in den Buchhandlun- gen „büchers best“ und „lesensart“ sowie in der Galerie Holger John entgegengenommen werden, wo- bei mehr als zehn Masken an eine Person nicht ausgehändigt wurden. Der Galerist startete einen Aufruf zur Kunstaktion bei facebook, kann er dort doch auf 5000 Freunde zu- rückgreifen. 190 kreativ gestaltete Gesichtsmasken in ungefalteter und gefalteter Form sind nun Be- standteil der Ausstellung. Und es kommen täglich neue hinzu.

Die Masken sind rasterartig an die Wand im Erdgeschoss genagelt oder befinden sich, in gefaltetem Zustand museal aufbereitet, unter Hauben. Alle Objekte sind signiert und können erworben werden, wo- bei der Erlös als „Soforthilfe“ gänz- lich an die Autorinnen und Autoren ausgezahlt wird. Die Pappmasken wurden bezeichnet, beklebt, be- druckt, bemalt, collagiert, bestickt, mit Fäden bereichert, mit Straßstei-

nen, Fotografien und Smileys be- klebt, bestickt und benagelt. Es wird an Verschwörungstheorien erin- nert, auch an das Flüchtlingslager Moria. Texte sind lesbar, wie „In die- sem Wald leben tausende unbe- kannte Viren“.

Von heiter bis tödlich reicht der Kosmos. Hartmut Trache hat hinter jeder Maske noch eine Farbradie- rung versteckt, als „Mehrwert“! Maria Katharina Franz hat einen Trauerbrief an die Galerie ge- schickt, in dem sich 3 bei 60 Grad ge- waschene, keimfreie, völlig aufge- löste Masken in Form von Papierkü- gelchen befanden. Es gibt auch eine erotische Serie, wobei das „Nasen- loch“ wie ein Guckkasten verwen- det wurde, um einer Peepshow zu folgen und der Betrachter zum Vo- yeur wird. Matthias Schroller hat die Masken durch die Druckerpresse geschickt und so befinden sich auf ihnen floral anmutende Prägedru- cke. Es gibt Drachen und Fleder- mäuse. An den Konsumrausch wird erinnert mit Dolce und Gabbana oder an Modekollektionen mit dem Modell „Schweden“, Modell „Wan- da“, Modell „alles wird gut“. Der Tod ist präsent und die apokalypti-

schen Reiter nach Dürer sind es auch.

Die grotesken, poetischen, hin- tersinnigen, banalen, erzähleri- schen, ornamentalen, abstrakten und figurativen, verspielten, sinnli- chen erotischen, lyrischen, grausa- men Fingerübungen werden be- gleitet vom Video Dada Vadims „Teil der Lösung oder Teil des Prob- lems“, surrealen Malereien Pierre Adams, einem Mickey-Mouse-Ob- jekt aus einem Radio, mit zwei be- zeichneten Mund- und Nasen- schutz-Masken von Mamei mit der Comicfigur „Dave Grigger“, und einer Sammlung venezianischer Masken des Ehepaars Dr. Riegel. Man geht schmunzelnd durch die Ausstellung, mit leichtem Grauen – eingedenk des existenziellen und gesundheitlichen Würgegriffs der Corona-Pandemie…

Am 26. Juni ist dann die Ausstel- lung „MONO – H.G. Griese, canvas – Holger John, paper“ mit Führun- gen durch den Galeristen zugängig.

bis 21.6., Rähnitzgasse 17, geöffnet Di bis So 14-19 Uhr, der Galerist ist auch unter 0162-4772739 erreichbar www.galerie-holgerjohn.com

Teil der Lösung oder Teil des Problems, 20.4.2020, 50x70cm, Pigmentdruck auf Barytpapier, Auflage 9 – Dada Vadim

Künstler der Ausstellung:

Annalena Maria Bichler | Nora Maria Bräuer | Nele Behr | N. Coco | Anke Ewers
Maria Katharina Franz | Petra Graupner |  Sabine Gumnitz | Daniel Grams | Dorothee Haller | Sandra Hamann |
Susanne Hampe | Frank Hoffmann | Holger John | Anette Joseit
Kerstin Junker | Anna Kasten | Anna-Kathleen Kracht | Janina Kracht | Jakoba Kracht
Karla Krey | Barbara Leibiger | Alex Lüder | Mamei | Effi Mora | Marlit Mosler | Steff Mucke | Ulrike Mundt |
Stefan Nestler | Manuela Neumann | Elena Pagel | Tanja Rein |
Maximilian Rentzsch | Matthias Schroller | Katharina Seidlitz | Ju Sobing | Janina Stach | Holger Stark
Hartmut Trache | Mano Noa Weber | Hans-Ulrich Wutzler | Tanja Zimmermann

Dada Vadim | Franziska Klotz | Pierre Adam

Frank Hoffmann
drei bearbeitete Papiermasken / three edited papermasks // »l’art pour l’art 1-3«: Maskierfolie, Öl und Tempera auf Karton / Masking film, oil and tempera on cardboard, je / each 17 x 17 cm / 2020